Ausgabe Nr. 43 (Januar/Februar 2013)
Unterwegs in Frankreich
Loire-Tal
Cheverny, das Schloss von Tim und Struppi
Chenonceau, Chambord, Azay-le-Rideau, die großen Namen im Loire-Tal lassen manchmal vergessen, dass auch weniger bekannte Schlösser in der Nachbarschaft einen Umweg lohnen. Ein solches befindet sich südöstlich von Blois in Cheverny. Zwar hat hier niemals ein König gewohnt, dafür ist das Schloss den meisten Kindern und Erwachsenen wegen einer Comicserie bekannt: Tim und Struppi. Cheverny war das Vorbild für das berühmte Schloss Mühlenhof von Kapitän Haddock. Darüber hinaus erzählt es von einer großen Familiendynastie und ist eines der heute noch am prunkvollsten eingerichteten Schlösser entlang der Loire.
Jura
Maison de Louis Pasteur, ein Dorf im Fokus der Wissenschaft
Arbois ist mit knapp 4.000 Einwohnern, einem regionaltypischen Kirchturm, Dächern mit braunen Ziegeln, einem schönen Marktplatz mit Arkaden und Weinbergen im Umland auf den ersten Blick ein ruhiges unscheinbares Dorf im Jura. Doch dieser Eindruck täuscht. Denn Arbois hat einen Forscher hervorgebracht, dem Frankreich und die Welt viel verdankt: Louis Pasteur, der berühmteste französische Biologe und Chemiker, der einen Großteil seines Lebens in dem Ort verbrachte und dort abseits des hauptstädtischen Wissenschaftsbetriebs sein privates Labor einrichtete. In Arbois gewann Pasteur entscheidende Erkenntnisse über Gärungsprozesse und entwickelte seine Keimtheorie sowie einen Impfstoff gegen Tollwut, eine seiner wichtigsten Leistungen. Die Maison de Louis Pasteur erinnert heute an diesen großen Wissenschaftler, der Arbois vor dem Schicksal bewahrt hat, ein Dorf wie jedes andere zu sein.
Wellness in den Bergen
Nach dem Sport die Erholung
Nachdem Frankreich bereits in der Saison 2010/11 die Nummer eins im europäischen Wintersporttourismus war, setzte sich das Land in der letzten Saison sogar an die Weltspitze. Die Skitouristen können von Mitte Dezember bis Ende April ihr Glück im Land finden. Doch die Tourismusexperten wissen, dass gute Pisten nicht mehr ausreichen, um im weltweiten Wettbewerb langfristig mitzuhalten. Immer wichtiger werden Angebote jenseits des Skifahrens. Eine besondere Bedeutung kommt dabei Wellnessangeboten zu. Ein Thema, bei dem Frankreichs Urlaubsorte enormen Nachholbedarf haben. Dies wurde inzwischen erkannt und so entstehen nach und nach Wellnessoasen in den französischen Bergen, die nach einem Tag auf der Piste Erholung und Müßiggang verheißen.
Pastell
Das blaue Gold
Toulouse ist eine geheimniskrämerische Stadt. Gerne schmückt sie sich wegen der Farbe der Ziegelsteine ihrer Häuser mit der Bezeichnung « rosafarbene Stadt » (la ville rose). Dabei hat die südwestliche Metropole historisch betrachtet einen viel engeren Bezug zu einer anderen Farbe: dem Blau, aber nicht zu irgendeinem Blau, sondern zum Pastellblau, das auf natürliche Weise aus gelb blühenden Pflanzen hergestellt wird. Im Mittelalter brachte das Pastell einer ganzen Region, die sich wie ein Dreieck von Toulouse bis nach Albi und Carcassonne erstreckt, Prosperität, bis schließlich andere natürliche und chemische Blautöne die Farbe verdrängten. Heute sorgen ein paar Pastellliebhaber mit viel Leidenschaft dafür, dass die alte Tradition im einstigen « blauen Dreieck » nicht in Vergessenheit gerät.
Pays de Condé
Eine Bergbaugegend erfindet sich neu
270 Jahre lang wurde in der Region Nord-Pas-de-Calais Kohle gefördert. Mit der Schließung der letzten Zeche 1990 in Oignies drohte eine Region, die über Jahrzehnte der Motor der französischen Industrialisierung war und dem wirtschaftlichen Aufstieg eines ganzen Landes diente, in eine Depression zu fallen, die so düster hätte sein können wie die einst geförderte Kohle. Doch die Solidarität und der Einfallsreichtum der Menschen im Norden Frankreichs sorgten dafür, dass durch die Metamorphose einer einst geschundenen Landschaft neue touristische und damit wirtschaftliche Perspektiven entstanden. Der Parc Naturel Régional Scarpe-Escaut mit dem Pays de Condé südöstlich von Lille illustriert perfekt das neue Gesicht der einstigen Bergbaugegend, die kürzlich zum Weltkulturerbe der UNESCO ernannt wurde.
Elsass
Musée Lalique, eine Hommage an die Glasmacherkunst
Glashütten haben in den nördlichen Vogesen eine lange, bis ins 15. Jahrhundert zurückreichende Tradition. Einen besonderen Schub erfuhr dieser Sektor, als der bekannte Schmuckmacher und Glaskünstler des Art Nouveau und des Art Déco René Lalique 1921 eine Glasfabrik in Wingen-sur-Moder rund 60 Kilometer nordwestlich von Straßburg eröffnete. Die Marke Lalique wurde schnell international bekannt und wird heute in einem Atemzug mit Saint-Louis, Baccarat oder Swarovski genannt. Seit knapp über einem Jahr gibt es in der kleinen elsässischen Gemeinde ein Museum, das mehr als 650 Exponate in einem äußerst attraktiven Umfeld präsentiert und endlich die Arbeit des Glaskunstgenies gebührend würdigt.
Frankreich heute
EU-Hauptstadtjahre
2013: Nantes und Marseille werden europäische Hauptstädte
Für die beiden französischen Städte Nantes und Marseille ist der 1. Januar 2013 kein Jahresanfang wie jeder andere. Beide Städte werden sich von dem Tag an ein Jahr lang mit einem europäischen Hauptstadttitel schmücken dürfen: Marseille als « Europäische Kulturhauptstadt 2013 » und Nantes als « Grüne Hauptstadt Europas 2013 ». Doch was bedeuten diese beiden Bezeichnungen wirklich und wie gut sind die beiden Städte darauf vorbereitet? Eine Bestandsaufnahme.
Interview
Gregor Gysi und Frankreich
Dr. Gregor Gysi ist Rechtsanwalt und seit 2005 Vorsitzender der Bundestagsfraktion der Partei « Die Linke ». Der 64-Jährige wuchs in der DDR auf, war Mitglied der SED. Frankreich spielte für die Familie Gysi eine ganz besondere Rolle. Warum das so ist und was er über das Land denkt, erzählt er im Gespräch mit Frankreich erleben.
Shopping
Winterschlussverkauf, der andere Wintersport
Anfang Januar beginnt in Frankreich die große Jagd nach Schnäppchen. Rabatte von 20, 30, 40, manchmal sogar 80 Prozent locken im Winterschlussverkauf die Franzosen massenweise in die Läden. Manche planen schon lange im Voraus ihren Urlaub entsprechend, um gleich am Anfang der Rabattschlacht, wenn die Regale der Geschäfte noch voll sind, genügend Zeit zum Shoppen zu haben. Der Winterschlussverkauf ist wie der Sommerschlussverkauf eine Institution in Frankreich, auch wenn sich die Gewohnheiten und Beweggründe der Kunden teilweise verändern.
Art de vivre
Aperitif
«Un Picon-Bière, s'il vous plaît»
Der Picon ist einer von Frankreichs alkoholischen Botschaftern. Erfunden wurde der Aperitif 1837 in Algerien, wo er zunächst der Gesundheit von Soldaten diente. Danach mutierte der Picon in den 1920er-/1930er-Jahren zum Kultgetränk der Franzosen. Heute soll ein erfrischendes und humorvolles Marketing den Erfolg sichern. Die Geschichte eines emblematischen französischen Getränks.
Chantals Rezept
Coq au vin
Dieses Mal möchte ich ein klassisches Gericht aus Burgund vorstellen. Traditionell wird das Huhn in Rotweinsauce mit dem Fleisch eines echten Hahnes zubereitet, der umso länger kochen muss, desto älter er ist. Ich bevorzuge aber das Fleisch von einem Huhn. Für die Sauce braucht man einen schweren Wein, der fruchtig daherkommt. Ein Burgunderwein ist ideal, aber auch ein Cahors oder Coteaux du Languedoc funktioniert.
Genuss
Die AOC Korsikas
Nach der Auvergne (Ausgabe Nr. 38), der Normandie (Ausgabe Nr. 39), der Bretagne (Ausgabe Nr. 40), der Region Rhône-Alpes (Ausgabe Nr. 41) und dem Elsass (Ausgabe Nr. 42) geht es dieses Mal um korsische AOC- bzw. AOP-Produkte. Die Insel der Schönheit, wie man in Frankreich gerne sagt, ist auch ein Eldorado für Feinschmecker. Besonders auffallend ist, wie vielfältig die Produkte mit einer kontrollierten Herkunftsbezeichnung sind. Ob Käse, Wurstwaren, Honig, Kastanienmehl, Olivenöl oder Wein, Korsika bietet alles.
Tradition
Guignol, kleine Helden aus Lyon
Der deutsche Kasperl, der englische Punch, der holländische Jan Klaasen, der türkische Karagöz, der griechische Karagiosis oder der russische Petruschka, alles in der jeweiligen Heimat bekannte Handpuppen, die früher die Helden und Anwälte der kleinen Leute waren. In diesem Europa der Holzpuppen wird Frankreich von den Guignol repräsentiert. Erfunden wurden sie in Lyon, wo sie bis heute zum kulturellen Erbe der Stadt gehören.