Ausgabe Nr. 52 (Herbst 2014)
Unterwegs in Frankreich
Guadeloupe
Mehr als eine Insel, ein ganzes Archipel
Für die meisten ist Guadeloupe eine einzelne französische Insel in der Karibik, bekannt dafür, die Form eines Schmetterlings zu besitzen – mit Basse-Terre als den einen « Flügel » und Grande-Terre als den zweiten « Flügel », wobei die erste Inselhälfte für ihren Tropenwald und den Vulkan Soufrière berühmt ist und die zweite für ihre Strände und Kokosplantagen. Natürlich ist das alles nicht falsch. Dabei wird aber oft übersehen, dass Guadeloupe nicht nur eine Insel ist, sondern gleich ein kleines Archipel, zu dem insbesondere auch die Nachbarinseln Les Saintes, Marie-Galante und La Désirade gehören. Alle Inseln zusammen machen aus Guadeloupe ein unerwartet vielfältiges Urlaubsziel.
Poitou-Charente
Angoulême, Provinznest und Hauptstadt
Die Innenstadt der etwas mehr als 40.000 Einwohner zählenden Stadt liegt malerisch auf einem Hügel oberhalb der Charente. Das Leben dort geht geruhsam vonstatten. Angoulême liegt abseits der Hauptverkehrsströme Frankreichs und ist eher Provinz als Metropole. Außer einmal im Jahr Ende Januar: Dann strömen Menschen aus der ganzen Welt nach Angoulême, das sich vier Tage lang als Hauptstadt fühlen darf: als Hauptstadt des Comics.
Cevennen
Im Land einsamer Hochebenen und tiefer Schluchten
Seit 2011 steht eine über 3.000 Quadratkilometer große Fläche in den Cevennen unter dem besonderen Schutz des Welterbes der UNESCO. Ausschlaggebend für die Anerkennung waren die besondere Landschaft der Hochebenen, die Causses, die seit drei Jahrtausenden von der Weidewirtschaft geformt wurden, sowie die Tradition der Wanderschäferei, die in dieser Gegend ebenfalls seit Urzeiten gepflegt wird. Unterbrochen werden die Hochebenen durch tiefe malerische Schluchten, die Gorges. Beide zusammen bilden die Kulisse für ein perfektes Urlaubsziel, bei dem man der Natur und den Naturgewalten ganz nahe kommt.
Lothringen
Château de Lunéville, wie Phoenix aus der Asche
Das Schloss von Lunéville östlich von Nancy wird gerne als das « lothringische Versailles » bezeichnet. Doch die Pracht dieses architektonischen Meisterwerks des 18. Jahrhunderts drohte vor elf Jahren zu verschwinden. Ein großes Feuer wütete im Schloss und hinterließ einen Millionenschaden. Es ist nicht das erste Mal, dass ein Feuer das Schloss beschädigte. Lunéville scheint auf tragische Weise die Flammen anzuziehen. Trotzdem stand außer Frage, dass das Anwesen auch dieses Mal wieder rekonstruiert werden würde. Bei dem auf 20 Jahre angelegten Wiederaufbau ist nun die Halbzeit erreicht. Das Schloss macht bereits einen recht stattlichen Eindruck und ist zu einem größeren Publikumsmagneten als je zuvor geworden.
Provence
Roussillon, das Colorado Frankreichs
Was würden Sie tun, wenn Sie einen Tag in der Provence zur freien Verfügung hätten? Vielleicht touristische Höhepunkte wie Avignon oder den Mont Ventoux besichtigen? Warum nicht? Eine gute Idee wäre aber auch, einen Tag in Roussillon zu verbringen und dort neben den klassischen Sehenswürdigkeiten Restaurants, Kunstgalerien und Weingüter zu erkunden. Genießen Sie mit uns einen Tag in Roussillon!
Bretagne
Côte d’Emeraude, vom Cap Fréhel zur Pointe du Grouin
Smaragdküste heißt eine der bekanntesten Küsten der Bretagne. Der verlockende Name leitet sich von der Farbe des Meeres ab, das unter bestimmten Lichtverhältnissen smaragdgrün schimmert. Auf gerade einmal 50 Kilometern verteilen sich das mondäne Seebad Dinard, die stolze Korsarenstadt Saint-Malo, familienfreundliche Badeorte sowie malerische Buchten. Eingefasst wird die Küste von zwei spektakulären Kaps: dem Cap Fréhel und der Pointe du Grouin.
Frankreich heute
Erinnerungskultur
Passen Gedenken und Tourismus zusammen?
Es ist die große Überraschung der französischen Tourismusindustrie 2014: In dem Jahr, in dem sich der Beginn des Ersten Weltkrieges zum 100. Mal und die Landung der Alliierten in der Normandie zum 70. Mal jährt, boomt der Gedenktourismus wie nie zuvor. Die touristische Entwicklung ganzer Regionen wird dadurch beflügelt. Während die Schauplätze des Horrors aus vergangener Zeit bisher als touristisch nicht zu vermarkten galten, ziehen genau diese Orte immer mehr Besucher an. Millionen von Touristen werden dieses Jahr die Gedenkstätten der beiden großen Kriege des 20. Jahrhunderts in Frankreich besuchen und damit einen Umsatz von 90 Millionen Euro generieren. Ein neuer Erinnerungstourismus ist entstanden.
Gastronomie
Fait Maison, ein neues Label in der Gastronomie sorgt für Aufregung
Frankreich hat es zwar geschafft, dass die klassische aus mehreren Gängen bestehende Mahlzeit unter den Schutz des Welterbes der UNESCO gestellt wurde. Dies bedeutet aber mitnichten, dass man nun in jedem französischen Restaurant eine gute Küche vorfindet. Wie überall auf der Welt gibt es exzellente Speiselokale und solche, die man lieber meiden sollte. Außerdem greifen auch immer mehr französische Gastronomen bei der Zubereitung ihrer Gerichte auf umstrittene Fertigprodukte zurück. Damit der Kunde sich besser zurechtfindet, hat die Regierung nun ein neues Label eingeführt: « Fait Maison ». Es soll Gastronomen helfen, die noch « richtig » kochen. Doch wird das angepeilte Ziel wirklich erreicht? Porträt eines Labels, das – kaum eingeführt – schon viel von sich reden macht, aber nicht unbedingt im Sinne seiner Erfinder.
Regionen
Neugliederung der Regionen
Frankreichs Regionen in ihrer heutigen Form und Funktion wurden zu Beginn der 1980er-Jahre definiert. Ungeachtet parteipolitischer Grenzen sind sich viele französische Politiker heute jedoch einig, dass die administrative Gliederung des Landes reformiert werden muss. Es reicht nicht aus, immer mehr Kompetenzen und Aufgaben an die Regionen zu übertragen, wenn diese von ihrer Größe und finanziellen Ausstattung her nicht in der Lage sind, diese erfolgreich zu übernehmen. François Hollande hat die regionale Gebietsreform deshalb auf seine Agenda gesetzt und verkündet, dass aus den aktuell 22 Regionen möglichst 14 werden sollen. Einige Politiker in den Regionen fürchten aber um ihre Macht und wollen lieber am Status quo festhalten, zumindest für die eigene Region. Andere sehen dagegen die Vorteile. Zu den Unterstützern zählen die Präsidentin der Region Franche-Comté, die mit Burgund verschmelzen soll, sowie der Präsident der Vereinigung der Regionen Frankreichs, der zudem Präsident der Region Aquitanien ist, die nach aktuellen Plänen ebenfalls mit einer oder zwei benachbarten Regionen fusionieren soll. Wir haben beide getroffen und sie nach den Gründen ihrer Zustimmung gefragt.
Art de vivre
Wein
Frankreichs Winzer greifen zum Welterbetitel
Auf der 39. Welterbekonferenz der UNESCO, die im Juni 2015 in Berlin abgehalten werden wird, setzt Frankreich ganz auf seine Winzer und die Weinanbautradition im Land. Die französische Kulturministerin hat verkündet, dass ihr Land mit den « Climats du vignoble de Bourgogne » und den « Coteaux, maisons et caves de Champagne », also kurz gesagt mit dem burgundischen Weinanbau und mit Champagner, ins internationale Rennen um die begehrten neuen Welterbetitel geht. In den beiden betroffenen Regionen Burgund und Champagne-Ardennes ist die Freude natürlich groß. Man versucht jeweils, die Einzigartigkeit der eigenen Tradition hervorzuheben. Ob dies reicht, wird sich nächsten Sommer zeigen. In Vorbereitung der Entscheidung der UNESCO wollen wir in dieser Ausgabe die « Climats du vignoble de Bourgogne » beleuchten, bevor wir uns in der kommenden Ausgabe mit den « Coteaux, maisons et caves de Champagne » beschäftigen.
Chantals Rezept
La soupe aux champignons de Paris
Im Französischen heißen Champignons « champignons de Paris », in Abgrenzung zu « champignons », was allgemein Pilze bedeutet. Doch der Zusatz « de Paris » ist eigentlich irreführend, denn viel haben die Champignons heute nicht mehr mit der französischen Hauptstadt zu tun. Bevor die Metro gebaut wurde, kultivierte man Champignons, die von Ludwig XIV. in Frankreich eingeführt wurden, im Pariser Untergrund. Heute gedeihen sie dagegen im Anjou. Für mich sind sie jenseits allen Philosophierens über den Namen die perfekte Zutat für eine herzhafte Herbstsuppe.
Produkte
Petit Suisse
In dieser Serie werden Produkte vorgestellt, die sich in fast jedem französischen Haushalt befinden und die für viele Franzosen kleine Nationalheiligtümer sind, auch wenn sie – vom Ausland betrachtet – vielleicht nicht unbedingt als typisch französisch wahrgenommen werden. Dieses Mal geht es um einen Käse, den man vom Namen her einem anderen Land zuordnen würde. Aber nein, der Frischkäse mit dem schweizerischen Namen ist typisch französisch!